Anwalt für die Abwicklung deutsch-amerikanischer Erbfälle
In diesem Beitrag geht es um das Thema Erbschaft in USA abwickeln. In diesem Zusammenhang spielen natürlich US-Erbrecht, US-Testament, US-Nachlassverfahren, US-Trust und US-Pflichtteil eine große Rolle. Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es in den USA kein einheitliches Erbrecht gibt, vielmehr hat jeder US-amerikanische Bundesstaat sein eigenes Erbrecht. Lediglich 18 US-Bundesstaaten haben ihr Erbrecht nach dem Vorbild eines Musterentwurfes, dem Uniform Probate Code weitestgehend vereinheitlicht. Dieser Beitrag vermittelt einen allgemeinen Überblick über die Grundzüge des US-amerikanischen Erbrechts, indem beispielhaft auf die jeweiligen Regeln des im US-amerikanischen Bundesstaat New York geltenden Erbrechts zurückgegriffen wird.
I. Nachlassverfahren USA
In den USA geht der Nachlass (estate) nicht automatisch auf die Erben über, sondern bildet eine separate Vermögensmasse. Bevor die Erben Zugriff auf den Nachlass nehmen können, muss daher zunächst ein Nachlassverfahren unter der Aufsicht des Nachlassgerichtes durchgeführt werden. Im Rahmen dieses Verfahrens werden Umfang und Wert des Nachlasses ermittelt und Nachlassverbindlichkeiten beglichen. Ein verbleibender Überschuss wird dann von einem Nachlassabwickler an die Erben ausgekehrt. Lediglich kleinere Nachlässe sind vom Nachlassverfahren ausgenommen, wobei die einzelnen Staaten die hierfür maßgeblichen monetären Höchstgrenzen jeweils selbst festlegen.
Im Staat New York zum Beispiel sind dies Nachlässe, deren Wert US-Dollar 30.000 nicht übersteigt. (Sobald sich aber im Nachlass eine Immobilie befindet, die im Alleineigentum des Verstorbenen stand, muss in New York zwingend ein Nachlassverfahren durchgeführt werden, auch wenn der Nachlass US-Dollar 30.000 nicht übersteigt). Der Nachlassabwickler wird entweder vom Erblasser im Testament bestimmt (dann heißt er Executor) oder vom Nachlassgericht eingesetzt, wenn der Erblasser kein Testament hinterlassen hat oder im Testament keine Bestimmung hierüber getroffen hat (dann wird er als Administrator bezeichnet).
II. Erbrecht USA New York: Gesetzliche Erbfolge im US-Staat New York
Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn der Erblasser kein (bzw. kein wirksames) Testament hinterlassen hat. Beispielhaft wird hier die gesetzliche Erbfolge im US-Bundesaat New York dargestellt, die sich nach dem dortigen Estate, Powers and Trust Law (EPTL) richtet. Wie bereits oben angesprochen wurde, gibt es kein einheitliches US-Erbrecht. Hinsichtlich der gesetzlichen Erbfolge können daher zwischen verschiedenen US-Einzelstaaten Abweichungen bestehen. Im US-Staat New York gilt jedenfalls die folgende Erbfolge:
- Der Erblasser hinterlässt einen Ehegatten und Abkömmlinge: Der überlebende Ehegatte erbt die ersten USD 50.000 sowie die Hälfte des verbleibenden Vermögens des Erblassers neben dessen Abkömmlingen; diese erben die andere Hälfte nach Köpfen in jeder Generation (per capita at each generation). Abkömmlinge sind die Verwandten des Erblassers, die in gerader Linie von diesem abstammen, also dessen Kinder, Enkelkinder und so fort. Ein lebendes Kind des Erblassers schließt dabei seine eigenen Kinder und weitere Nachkommen von der Erbfolge aus. Ist der Nachlass geringer als USD 50.000, so erbt der überlebende Ehegatte alles.
- Der Erblasser hinterlässt einen Ehegatten, aber keine Abkömmlinge: Der überlebende Ehegatte erbt alles. Wenn also beispielsweise die Eltern oder Geschwister des Erblassers noch am Leben sind, so erben diese neben dem überlebenden Ehegatten nichts, da sie nicht in gerader Linie vom Erblasser abstammen, also keine Abkömmlinge sind.
- Der Erblasser hinterlässt Abkömmlinge, aber keinen Ehegatten: Die Abkömmlinge erben alles.
- Der Erblasser hinterlässt keinen Ehegatten und keine Abkömmlinge: Die Eltern des Erblassers erben zu gleichen Teilen. Ein überlebender Elternteil erbt alles, wenn der andere Elternteil vorverstorben ist.
- Der Erblasser hinterlässt keinen Ehegatten, keine Abkömmlinge und keine Eltern: Es erben die Geschwister des Erblassers. Sind die Geschwister bereits verstorben, so erben deren Abkömmlinge (z.B. ein Neffe des Erblassers).
- Der Erblasser hinterlässt keinen Ehegatten, keine Abkömmlinge, keine Eltern, keine Geschwister und keine Abkömmlinge der Geschwister: Es erben die Großeltern des Erblassers väter- und mütterlicherseits zu gleichen Teilen, wenn diese noch am Leben sind. Ist auf einer Seite ein Großelternteil bereits verstorben, so erbt der überlebende Großelternteil die Hälfte. Sind auf einer Seite beide Großeltern verstorben, so erben deren Abkömmlinge (z.B. Onkel, Tanten, Cousins). Gibt es auf einer Seite keine Großeltern und deren Abkömmlinge mehr, so erbt die andere Seite alles. Cousins 2. Grades des Erblassers sind die am weitesten entfernten Verwandten, die noch erben können. Sind auch diese nicht mehr am Leben, so fällt der Nachlass an den Staat New York.
Kleiner „fun fact“ am Rande: Im US-Staat New York ist eine Person, die jemanden ermordet, um an dessen Nachlass zu kommen, von der Erbfolge ausgeschlossen, auch wenn diese Person testamentarisch bedacht wurde oder gemäß der gesetzlichen Erbfolge berufen wäre. Der Präzedenzfall für diese gesetzliche Regel (slayer rule) ist die Entscheidung Riggs v. Palmer aus dem Jahre 1889. Ein Enkel ermordete seinen Großvater, als er erfuhr, dass dieser sein Testament, in dem er ihn zum Alleinerben eingesetzt hatte, widerrufen wollte. Das Gericht urteilte, dass der Enkel nicht von seinem unrechtmäßigen Handeln profitieren dürfe und schloss ihn daher von der Erbfolge aus.
III. Testament USA
Formvorschriften: Durch ein formwirksames Testament kann der Testierende die gesetzliche Erbfolge ausschließen und dafür Sorge tragen, dass der Nachlass im Todesfalle nach seinen Wünschen verteilt wird. In den USA gibt es die nachfolgenden Testamentsarten:
- Zwei-Zeugen Testament: Das bei Weitem gängigste Testament in den USA ist das Zwei-Zeugen Testament. Dieses kann vom Testierenden hand- oder maschinenschriftlich abgefasst werden. Voraussetzung ist aber immer, dass dieser die Testamentsurkunde im Beisein zweier Zeugen am Ende des Textes unterschreibt und diesen gegenüber erklärt, dass dies sein letzter Wille sei. Sodann müssen auch die Zeugen das Testament unterzeichnen. Die Zeugen müssen unparteiisch sein, dürfen also nicht im Testament bedacht worden sein.
- Handschriftliches Testament ohne Zeugen (holographic will): Ungefähr die Hälfte der US-Staaten erkennt vom Testierenden handschriftlich errichtete und eigenhändig unterzeichnete Testamente an, die nicht im Beisein von Zeugen erstellt werden müssen. Manche Staaten, wie beispielsweise New York, erlauben solche Testamente aber nur, wenn der Testierende ein Angehöriger des Militärs ist.
- Andere Testamentsformen: Es gibt noch andere Testamente, die aber von geringer praktischer Relevanz sind. Dazu gehören beispielsweise mündliche Testamente, die in nur wenigen US-Staaten zulässig sind und in der Regel nur im Angesicht eines unmittelbar bevorstehenden Todes errichtet werden können.
In einigen wenigen US-Bundesstaaten wie beispielsweise in Nevada und Florida ist es neuerdings sogar zulässig, ein elektronisches Testament zu erstellen, wenn die Urheberschaft des Erblassers sichergestellt ist (z.B. auf einem Tablet mit Eingabestift für die elektronische Signatur).
- Anerkennung eines deutschen Testamentes in den USA: Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika existiert kein Abkommen im Hinblick auf die gegenseitige Anerkennung der Formgültigkeit von Testamenten. Es gibt zwar ein solches internationales Übereinkommen, nämlich das Haager Testamentsformabkommen, diesem sind die USA aber nicht beigetreten. Daher richtet sich die Anerkennung deutscher Testamente nach dem einzelstaatlichen Recht der jeweiligen US-Bundesstaaten.
Der US-Bundesstaat New York beispielsweise hat eine sehr großzügige Regelung bezüglich der Anerkennung der Formgültigkeit von Testamenten, die in einem anderen Land oder US-Bundesstaat errichtet wurden. In New York wird ein solches außerstaatliches Testament unter folgenden Voraussetzungen als formwirksam anerkannt:
Es genügt entweder den im Staat New York vorgeschriebenen Formvorschriften;
oder es genügt den Formvorschriften des Ortes, an dem es errichtet wurde, und zwar unabhängig davon, wo der Testierende im Zeitpunkt der Errichtung seinen Lebensmittelpunkt (domicile) hatte;
oder es genügt den Formvorschriften des Ortes, an dem der Testierende im Zeitpunkt der Errichtung oder im Zeitpunkt seines Todes seinen Lebensmittelpunkt (domicile) hatte, und zwar unabhängig davon, wo das Testament errichtet wurde.
Bsp.: Ein in Deutschland vom Erblasser formgültig errichtetes eigenhändiges Testament gemäß § 2247 BGB wird also im US-Staat New York als formgültig anerkannt, auch wenn es an sich nicht dem dort geltenden Erfordernis zweier Zeugen genügt.
Anmerkung zu Florida: Im US-Staat Florida werden ausländische Testamente nicht als formwirksam anerkannt, wenn sie handschriftlich oder mündlich errichtet wurden. Hiervon ausgenommen sind aber handschriftliche Testamente, die dem Zwei- Zeugen Erfordernis genügen. Das in Deutschland typischerweise vom Erblasser errichtete eigenhändige Testament ohne Zeugen gemäß § 2247 BGB wird in Florida somit nicht als formwirksam anerkannt, obwohl es in Deutschland formgültig ist.
IV. US-amerikanische Trusts: Der Trust als Instrument zur Nachlassplanung
Um das zeit- und kostenintensive probate-Verfahren (s.o.) zu vermeiden, wird oftmals ein trust als Instrument für die Nachlassplanung gewählt. Der trust ist im deutschsprachigen Raum weitestgehend unbekannt und wird nachfolgend in seinen Grundzügen erläutert:
Der trust ist ein rechtliches Dreiecksverhältnis zwischen dem Vermögensgeber, der den trust errichtet (grantor, settlor), dem Vermögensverwalter (trustee), der die in den trust eingebrachten Vermögenswerte treuhänderisch verwaltet, sowie den Begünstigten, denen das trust-Vermögen letztlich zugutekommen soll (beneficiaries).
Bei einem trust handelt sich dabei um eine selbständige, von dessen Vermögensgeber verschiedene Rechtspersönlichkeit. Die Befugnisse des Vermögensverwalters werden in einem sogenannten trust agreement niedergelegt. Oftmals setzt sich der Vermögensgeber selbst als Vermögensverwalter ein. Jedoch kann auch eine dritte Person diese Funktion übernehmen.
Sodann legt der Vermögensgeber bestimmte Vermögenswerte in den trust ein, so dass rechtlich gesehen jetzt der trust deren Eigentümer ist. Dies hat zur Folge, dass die im trust gebündelten Vermögenswerte im Todesfall nicht in den Nachlass des Vermögensgebers fallen. Im Hinblick auf diese Vermögenswerte muss das Nachlassverfahren daher nicht durchlaufen werden.
Wenn der Vermögensgeber auch gleichzeitig die Rolle des Vermögensverwalters übernimmt, so muss er außerdem einen Nachfolgevermögensverwalter (successor trustee) bestimmen, der nach seinem Ableben das trust-Vermögen an die Begünstigten auskehrt. Ein trust wird zumeist so ausgestaltet, dass er im Zeitpunkt seiner Errichtung wirksam wird (living trust) und ihn der Vermögensgeber zu seinen Lebzeiten jederzeit widerrufen oder ändern kann (revocable living trust).
Möglich ist es aber auch, den trust so zu strukturieren, dass ihn der Vermögensgeber nach seiner Errichtung nicht mehr widerrufen oder ändern kann (irrevocable trust). Auch kann ein trust so ausgestaltet werden, dass er erst mit dem Eintritt des Todes des Vermögensgebers wirksam wird (testamentary trust).
V. Pflichtteil USA
Anders als in Deutschland haben enterbte Kinder in den USA grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Pflichtteil. Einzig der US-Bundesstaat Louisiana gewährt enterbten Kindern unter 24 Jahren ein Pflichtteilsrecht.
In allen US-Bundesstaaten gilt hingegen, dass ein enterbter Ehegatte nicht vollständig leer ausgehen kann. Man unterteilt die US-amerikanischen Bundesstaaten dabei in common law-Staaten und community property-Staaten.
In den sogenannten common law-Staaten, die die Mehrheit ausmachen, steht dem enterbten Ehegatten ein bestimmter Teil des Nachlasswertes zu, typischerweise zwischen 1/3 und 1/2. Im Staat New York beispielsweise, der ein solcher common law-Staat ist, stehen dem enterbten Ehegatten als Pflichtteil entweder US-Dollar 50.000 oder 1/3 des Nachlasswertes zu, wobei der höhere Wert maßgebend ist. Wenn der Wert des gesamten Nachlasses aber geringer ist als US-Dollar 50.000, so besteht ein Geldanspruch in Höhe dieses Nachlasswertes. Der überlebende Ehegatte kann diesen Pflichtteil auch beanspruchen, wenn er nicht komplett enterbt wurde, ihm in einem Testament aber weniger hinterlassen wurde (spousal right of election). Ein Ehegatte kann aber vor oder nach der Eheschließung vertraglich auf die obigen Rechte verzichten (prenutial agreement, postnuptial agreement).
In den sog. community property-Staaten (Arizona, California, Idaho, Louisiana, Nevada, New Mexico, Texas, Washington, Wisconsin) wird der enterbte überlebende Ehegatte im Gegensatz zu den common law-Staaten dadurch geschützt, dass Vermögen, das während des Bestehens der Ehe erwirtschaftet wurde, als gemeinsames Vermögen der Eheleute gilt (es sei denn, das Alleineigentum eines Ehegatten an einzelnen Vermögensgegenständen steht fest). Dem enterbten Ehegatten steht dann grundsätzlich mindestens die Hälfte des während des Bestehens der Ehe erwirtschafteten Vermögens zu.
Fazit: Das Erbrecht der US-amerikanischen Einzelstaaten unterscheidet sich erheblich vom deutschen Erbrecht. Bei einem deutsch-amerikanischen Erbfall sollte daher ein Anwalt hinzugezogen werden, der mit den unterschiedlichen Rechtssystemen vertraut ist. Scarcia-Scheel Law Firm ist auf deutsch-amerikanisches Erbrecht spezialisiert und bietet diesbezüglich insbesondere die folgenden rechtlichen Dienstleistungen zu wettbewerbsfähigen Honoraren an:
– Feststellung erbrechtlicher Ansprüche (z.B. gesetzliche Erbfolge USA);
– Nachlassplanung (Testament USA, US-amerikanische Trusts);
– Begleitung bei Erbschaftsabwicklungen in den USA (Nachlassverfahren USA).
Hinweis: Dieser Beitrag enthält lediglich Informationen allgemeiner Art und stellt keine Rechtsberatung dar.
Scarcia-Scheel Law Firm P.C. ist eine deutschsprachige US-Kanzlei mit Sitz in New York City. Die Kanzlei ist spezialisiert auf die Beratung von Mandanen aus dem deutschsprachigen Raum im US-Recht. Die Tätigkeitsschwerpunkte von Scarcia-Scheel Law Firm sind die Abwicklung US-amerikanischer Nachlassverfahren, die Gestaltung und Anpassung von US-Verträgen, die Beratung im arbeitsbasierten US-Aufenthalts- und Einwanderungsrecht, sowie die außergerichtliche und gerichtliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.